Unbeschrankte Bahnübergänge und Signaleinrichtungen (Hupen) an Schienenfahrzeugen – Hintergrundinformationen:
Das Thema „Hupender Bocholter“ an drei unbeschrankten Bahnübergängen in Höhe Dingden-Lankern an der Strecke Bocholt – Wesel bewegt die Öffentlichkeit bekanntlich schon seit geraumer Zeit.
Die direkt an der Strecke wohnenden Bürger:innen klagen seit des Wechsels des Eisenbahn-Verkehrsunternehmens (EVU) von Abellio zur Vias Rail GmbH in starkem Maße über das mehrfach zu laute Hupen des Zuges vor den unbeschrankten Bahnübergängen.
Aus Sicht der WMB war es ein Fehler und wenig nachvollziehbar, warum man im Zusammenhang mit der Elektrifizierung 2021/2022 der Strecke für einen hohen Millionenbetrag nicht auch die für den Verkehr wichtigen Übergänge gleich mit Schrankenanlagen ausgestattet hat.
Zur Frage, wie das Problem ggf. lösbar ist, wurden und werden immer wieder unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Grundsätzlich würde sich das Hupen gänzlich vermeiden lassen, wenn alle drei Bahnübergänge mit Schranken versehen würden. Dann wäre es dem „Bocholter“ zugleich möglich auch die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu fahren. Eine Reduzierung des Tempos, wie bei unbeschrankten Bahnübergängen vorgeschrieben, würde entfallen. Doch die zuständige DB Netz weigert sich und die zuständige Kommune Hamminkeln will die Kosten für eine Nachrüstung nicht komplett übernehmen.
Gegen eine Schließung von zwei unbeschrankten Bahnübergängen wehren sich auch angrenzende Landwirte, die befürchten, ohne die Bahnübergänge größere Umwege fahren zu müssen um Felder und Wiesen zu erreichen.
Da die Westmünsterlandbahn GmbH (WMB) als Eisenbahn-Infrastruktur-Unternehmen (EIU) sich um die Reaktivierung der Strecke Bocholt – Rhede – Borken bemüht, wird das Thema „Bahnübergänge“ und „hupender Zug“ von Kritikern häufiger auch als Argument gegen die Bahn ins Feld geführt.
Grundsätzlich wird es aus Sicht der WMB im Falle einer Reaktivierung und nach einem möglichen Zuschlag für die WMB als EIU auf dieser Strecke keine unbeschrankten Bahnübergänge geben! Damit würde sich das Problem des „Hupenden Bocholters“ bei seiner Weiterfahrt nach Rhede und ggf. Borken erst gar nicht stellen.
Unabhängig von der weiteren Entwicklung hat sich der WMB-Mit-Gesellschafter, Antonius Mayland, als ausgewiesener Eisenbahn-Spezialist mit der aktuellen Thematik technisch wie juristisch beschäftigt um für ein wenig Klarheit zu sorgen.
Herr Mayland fasst das Thema der gesetzlichen Grundlage hinsichtlich der Signalgebungen der Bahn auf der Strecke BOH – WES wie folgt zusammen:
Grundlage für die technischen Spezifikationen an Zügen ist die EU-Verordnung Nr. 1302 aus dem Jahre 2014, zuletzt geändert im Jahre 2020.
Technische Spezifikationen an Zügen sollen fortlaufend entsprechend dem technischen Fortschritt angepasst werden. Artikel 2 der EU-Verordnung gilt für die Fahrzeuge der VIAS Rail GmbH auf der Strecke Düsseldorf – Bocholt. Die weiteren Ausführungen besagen, dass Züge grundsätzlich mit sog. „Signalhörnern“ auszustatten sind. Das Signal muss grundsätzlich aus zwei Signalen mit jeweils unterschiedlicher Grundfrequenz bestehen.
Der Schalldruck soll (gemäß UIC Eisenbahnnorm) zwischen 120 und 125 dB betragen. Dieser Schall entspricht einem startenden Düsenflugzeug.
Die einzige Möglichkeit am aktuellen und bestehenden Zustand zeitnah etwas zu ändern, wäre aus Sicht vom Bahn-Experten A. Mayland eine Überprüfung der technischen Möglichkeit, ob das aus zwei verschieden hohen Tönen (Frequenzen) bestehende Signal des „Bocholters“ dahingehend verändert werden könnte, dass nur noch einer der beiden Töne genutzt wird. Die bisherige Verwendung dieser beiden Töne soll einen bewusst disharmonischen und durchdringenden Warnton ergeben, der sich deutlich von anderen Tönen unterscheidet.
Dazu wäre es technisch erforderlich, dass die Töne getrennt voneinander ansteuerbar sind und es zulässig wäre, nur einen der beiden Töne definitiv zu nutzen. Dieses müsste mit dem dafür zuständigen Eisenbahnbundesamt (EBA) geklärt werden.
Alternativ bestünde vermutlich nur die Möglichkeit einer Umrüstung auf ein anderes Signalhorn, was aber aus juristischer Sicht grundsätzlich immer zustimmungspflichtig wäre, und sehr wahrscheinlich für alle Züge des Eisenbahnunternehmens Vias Rail gelten würde, da ja nicht immer die gleichen Fahrzeuge auf der Strecke BOH – WES verkehren. Möglicherweise würde damit auch eine neue Konformitätsprüfung verbunden sein, was allerdings mit einer längerer zeitlichen Dauer und sicherlich nicht unerheblichen Kosten verbunden wäre.